Montag, 5. August 2013

Leserbriefe zu "Mut zur Lücke"

Der Leserbrief von Herrn Bley spricht aus meinem Herzen: mit den Bildungs-Jammern und dem Bildungs-Ankündigungen aufhören, oder Geld in die Hand nehmen, um ausreichend Infrastruktur zu schaffen. Ich ergänze, dass übersehen wird, dass zunehmend mehr Infrastruktur nötig ist: Dank der positiven Entwicklung sind die Frauen in der Arbeitswelt stärker vertreten. Sie hinterlassen zwangsläufig eine Erziehungs- und Bildungs-Lücke, die sie bisher kostenlos ausgefüllt hatten. Diese muss nun über eine exzellente Infrastruktur abgedeckt werden. Anstatt den Eltern und den Lehrern bei stark gestiegenen Anforderungen (Konsumdruck, elektronische Welt, Medien, G8, Mobilität) vergeblich immer wieder mehr abzuverlangen, ist die Infrastruktur eine gesellschaftliche Aufgabe geworden. Diese ist historisch bedingt von der Gesellschaft nun zu finanzieren. Oder ein Elternteil verabschiedet sich wieder vom Arbeitsleben zu Gunsten unseres Gemeinwesens und - ach ja - auch zu Gunsten der Kinder .... Oder wir hören auf zu jammern. 
Martin Lang


Lehrerverbände und "Bildungsforscher" vornehmlich aus dem linken politischen Spektrum fordern die offene Kapitulation des Bildungswesens vor dem gesellschaftlichen Abwärtstrend. Weil Familien ihren Kindern einfachste (Kultur-)techniken wie Tischsitten oder Schwimmen nicht mehr vermitteln, soll es die Schule auf Kosten klassischer Lerninhalte richten. Die Präsidentin des Wissenschaftszentrum Berlin fordert gar die Abschaffung der Hausaufgaben, um Kinder, deren Eltern ihnen nicht dabei helfen (können), nicht zu benachteiligen. Und sogar der angesehene Philologenverband fordert, manche Fächer nicht mehr auf dem Niveau von "Oberseminaren an Hochschulen" zu vermitteln. Sind denn alle von guten Geistern verlassen? Die Schule kann nicht der Reparaturbetrieb einer Gesellschaft sein, in der eine zunehmende Zahl von denen, die sich überhaupt noch für Kinder entscheiden, für diese keine Verantwortung mehr übernehmen will. Meine Mutter, die selbst "nur" über einen Hauptschulabschluss verfügte, hat meine Lateinvokabeln abgefragt. Mein Vater, der die Oberschule vorzeitig verlassen hat, hat mit mir über geschichtliche Fakten diskutiert. Tischsitten und Schwimmen habe ich selbstverständlich auch zu Hause gelernt. Die Schule kann nicht ausgleichen, wenn Ehen in die Brüche gehen oder Eltern lieber vor der Glotze sitzen, als mit ihren Kindern für die Schule zu üben. Die Schule kann nicht gerade rücken, dass von Zuwanderern kein systematischer Spracherwerb gefordert wird. Und die Schule - wenn sie denn an der Spitze die allgemeine Hochschulreife vermitteln soll - kann nicht den Mathematikunterricht auf Mittelstufenniveau beschränken, weil sonst keine Zeit für Unterrichtseinheiten über den Umgang mit Handyverträgen bliebe - Durchfallquoten von über 50 Prozent bei technischen Studiengängen sprechen da eine andere Sprache. Wer will, der oder dessen Kind/er kann/können in unserem Bildungssystem alles erreichen. Für die "Lebensbefähigung" von Kindern ist die oft geschmähte Familie zuständig. 
Gregor Andreas Geiger

Quelle: Kölnische Rundschau vom 05.08.2013

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen