DÜSSELDORF/BERLIN. Die Neuntklässler in NRW
haben bei einem Leistungsvergleich der Länder in Mathematik und den
Naturwissenschaften nur hintere Ränge belegt. Rechnerisch müssten die
Schüler hier zwei Jahre länger zur Schule gehen, um an die Leistungen
des Spitzenreiters Sachsen heranzukommen. Bildungsministerin Sylvia
Löhrmann (Grüne) räumte erheblichen Nachholbedarf der Schüler ein. Die
CDU-Opposition empfahl ihr: Nachsitzen. Und der Verband Bildung und
Erziehung (VBE) forderte mehr Geld für die Bildung.
Nach den in Berlin von der Kultusministerkonferenz
vorgestellten Ergebnissen bleiben die nordrhein-westfälischen Schüler
der 9. Jahrgangsstufe im Ländervergleich unter dem Bundesdurchschnitt.
In Mathematik kommen die NRW-Schüler auf 486 Punkte, Sachsen auf 536.
Der Studie zufolge bedeuten 25 bis 30 Punkte Abstand einen
Lernunterschied von etwa einem Jahr. Das wären in Mathe also etwa zwei
Jahre Lernabstand.
Ähnlich große Leistungsunterschiede gibt es im Fach
Physik. Zwischen Spitzenreiter Sachsen und dem bundesweiten Schlusslicht
Nordrhein-Westfalen beträgt der Lernabstand 68 Punkte und damit sogar
gut zwei Jahre. In Biologie (Abstand 59 Punkte) und Chemie (61 Punkte)
ist die Lage kaum besser.
"Mit den Ergebnissen können wir nicht zufrieden
sein", hieß es gestern in der Mitteilung der Bildungsministerin. "Da
gibt es nichts zu beschönigen." Der Mathematik und den
Naturwissenschaften sei in NRW lange Zeit nicht der nötige Stellenwert
beigemessen worden. Man werde die Ergebnisse jetzt gründlich prüfen und
sich auch anschauen, was andere Ländern besser gemacht haben. Als
Konsequenz aus der neuen Studie wollen die Bundesländer die Aus- und
Weiterbildung von Fachlehrern für Mathematik und Naturwissenschaften
deutlich verbessern.
Der stellvertretende Vorsitzende der
CDU-Landtagsfraktion, Klaus Kaiser, kritisierte, dass NRW in allen
Fächern das bundesweit schwächste Flächenland sei. "Für Frau Löhrmann
heißt es: Nachsitzen!" Der Verband Bildung und Erziehung NRW forderte
mehr Investitionen für mehr Chancengerechtigkeit. NRW liege im
Ländervergleich bei Klassengrößen und Investitionen pro Schüler unter
dem Bundesdurchschnitt, erklärte der VBE-Landesvorsitzende Udo Beckmann.
Er warnte davor, die "von der Landesregierung beabsichtigte Inklusion
an Schulen - so wie bisher absehbar - nicht mit den notwendigen
Ressourcen auszustatten, da dies zu einem weiteren Leistungsabfall bei
allen Schülerinnen und Schülern führen wird".
Die Lehrergewerkschaft GEW sprach von ernüchternden
Ergebnissen. Der soziale Hintergrund in der Bildung spiele nach wie vor
eine viel zu große Rolle. Zudem würden zu viele dieser Fächer
"fachfremd" unterrichtet.
Der Test soll auch zeigen, wie groß
geschlechtsbezogene Leistungsunterschiede sind. So ist in keinem
Bundesland der Kompetenzvorsprung der Jungen in Mathe so groß wie in
NRW. Dagegen ist der bundesweit festgestellte Kompetenzvorsprung der
Mädchen in Biologie in NRW schwach ausgeprägt.
Mitarbeiter des Instituts für Qualitätsentwicklung im
Bildungswesen (IQB) an der Berliner Humboldt-Universität hatten im Mai
2012 bundesweit mehr als 44 000 Schüler an über 1300 Schulen getestet.
In NRW waren es 4033 Schüler an 92 Schulen. In allen Bereichen lagen die
Schüler aus den ostdeutschen Bundesländern vorn. Basis für die
Testaufgaben sind die von den Kultusministern erstellten
Bildungsstandards für diese Fächer. Sie beschreiben, was ein Schüler am
Ende der jeweiligen Jahrgangsstufe können soll. (dpa)
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