Mittwoch, 12. Februar 2014

Auf dem Weg zum gemeinsamen Unterricht

Ab dem kommenden Schuljahr haben behinderte Kinder in NRW einen Anspruch auf einen Unterricht mit nichtbehinderten Kindern in sogenannten Regelschulen. Das beschloss im Oktober der Düsseldorfer Landtag mit der Verabschiedung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes. Damit kam die Landesregierung der Konvention der UN von 2009 nach, die Deutschland zur schulischen Inklusion verpflichtet.
In Bayern, Bremen und Niedersachsen wird dieser Anspruch bereits umgesetzt. Das Recht auf inklusiven Unterricht gilt zunächst für die Klassen eins und fünf. Das heißt, Eltern haben ab dem Sommer das Recht, ihre behinderten Kinder entweder direkt in eine Regelschule einzuschulen oder sie beim Wechsel von der Grundschule bei einer regulären weiterführenden Schule anzumelden. Natürlich haben Eltern weiterhin das Recht, ihre Kinder auch an Förderschulen anzumelden. Das Gesetz ist sehr umstritten, vor allem wegen seiner Finanzierung, über die sich das Land und die Kommunen noch immer streiten. Anfang Januar hat das Landessozialgericht in einem Eilverfahren eine Klage des Kreises Viersen abgewiesen, der sich nicht in der Pflicht sah, die Kosten für einen Integrationshelfer (Schulbegleiter für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf) zu übernehmen. Kommunen rechnen nun mit hohen Kosten durch nötige Umbaumaßnahmen an den Schulen, die sie zu tragen haben. Viele befürchten zudem auch langfristig das Aus der Förderschulen. Schon jetzt besucht in NRW jedes vierte Kind mit festgestelltem sonderpädagogischen Förderbedarf eine Regelschule. In NRW gibt es insgesamt 680 Förderschulen, die von rund 94 200 Schülern besucht werden. Mit Sorgen betrachten auch die Schulen, die schon Konzepte zur Inklusion umgesetzt haben, wie es mit der Qualität ihres Unterrichts weitergeht. Befürchtet wird eine Verschlechterung des Lehrer-Schüler-Verhältnisses. Denn das Gesetz sieht auch eine Änderung der Zahl der Regelschullehrer in den Inklusionsklassen vor. Das heißt, dass künftig trotz Inklusion weniger Doppelbesetzungen in den Klassen möglich sind. So hat die Integrative Gesamtschule Bonn-Beuel vor diesem Hintergrund bereits angekündigt, zukünftig statt 18 Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf nur noch 16 Schüler pro Jahrgang aufnehmen zu können, weil sonst die Qualität des Unterrichts stark leide. Umstritten ist auch die Neugestaltung von Paragraf 19, bei der es um die Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs bei Kindern geht. Zukünftig kann dieses Verfahren nur in Ausnahmefällen von Schulen eingeleitet werden. In der Regel wird das nun den Eltern überlassen. Kritiker glauben, dass allein dadurch die Anzahl der Kinder mit Förderbedarf in der Statistik sinkt. De facto bleibe sie aber gleich. Die Zahl der Sonderpädagogen und Lehrer würde aber nur nach dem festgestellten Bedarf berechnet, so dass weniger Pädagogen für die gleiche Anzahl der zu fördernden Kinder bereitstünden. Bislang wurde das Feststellungsverfahren von der Schulbehörde eingeleitet.
Quelle: Kölnische Rundschau vom 12.02.2014

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