Samstag, 29. Oktober 2016

Zu Gast im inklusiven Unterricht - „Unruhe bei Eltern und Lehrern“

Marienheide/Oberberg - „Das Thema Inklusion ist mindestens so wichtig wie das Thema G8/G9“, sagt der oberbergische Landtagsabgeordnete Peter Biesenbach (CDU). Er hat festgestellt: „Die Unruhe bei Eltern und Lehrern ist groß.“ Das System der Inklusion war in Oberberg mehr in den Fokus gerückt, nachdem der Leiter der Gesamtschule Marienheide, Wolfgang Krug, in einem offenen Brief gewarnt hatte: Unter den geltenden Rahmenbedingungen drohe der Inklusion in Nordrhein-Westfalen der Kollaps. Krug hatte die Politik eingeladen, sich vor Ort ein Bild zu machen.
Diese Einladung nahmen Peter Biesenbach (Chef der CDU-Fraktion im Kreistag), CDU-Kreisgeschäftsführerin Margit Ahus, Yvonne Gebauer als schulpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion und Reinhold Müller, Vorsitzender der FDP/FWO/DU-Kreistagsfraktion, jetzt an. Für Biesenbach steht nach den Einblicken, die die Gruppe in einer Doppelstunde Englisch gewonnen haben, fest: „Der Besuch hat deutlich gemacht, warum der Brandbrief geschrieben wurde.“ Die Politiker hatten in Marienheide an der Doppelstunde Englisch einer sechsten Klasse teilgenommen, mit einem Kind, das sonderpädagogischen Förderbedarf hat. Unterrichtet hat die Fachlehrerin. Eine Doppelbesetzung durch einen Sonderpädagogen gab es nicht. Die Situation spiegelte also recht gut den Inklusions-Alltag an nordrhein-westfälischen Regelschulen wider. Zwar habe er den Klassenverband als „richtig prima“ und die Lehrerin als hochengagiert erlebt, sagt Biesenbach. Man habe aber gleich gemerkt, woran es hapere: An der fehlenden Unterstützung der Lehrerin durch eine sonderpädagogische Kraft. Das Fehlen einer Lehrkraft habe zu einem gebremsten Arbeitstempo in der Klasse geführt. Reinhold Müller schlägt in die gleiche Kerbe: „Wir konnten sehen, dass die Binnendifferenzierung ihre Grenzen hat.“ Unter den herrschenden Bedingungen könnten weder die stärkeren noch die schwächeren Schüler entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit gefördert werden, sagt Müller. „Das ist für Pädagogen ohne Unterstützung einfach nicht leistbar.“ Die Ursachen liegen für die vier Besucher auf der Hand. „Es ist eingetreten, was wir prophezeit haben“, sagt Yvonne Gebauer. Die Landesregierung habe den zweiten Schritt vor dem ersten gemacht – nämlich die Inklusion umgesetzt, ohne die Schulen darauf vorzubereiten und entsprechend auszustatten. „Das haben wir hier in Marienheide erlebt, und das erleben wir landauf, landab.“ „Es ist schon weit nach zwölf“ Der Gesamtschule Marienheide würden fünf Stellen für Sonderpädagogen zustehen, sagt Biesenbach, „bewilligt wurden nur drei.“ Leiden würden unter der Situation sowohl Lehrer als auch Schüler – alle Schüler, sagen die Politiker. Ein „Weiter so“ dürfe es nicht geben, sind sich die Vertreter der Düsseldorfer Oppositionsparteien einig. „So lange wir die Schulen nicht ausreichend mit Geld und mit genügend Sonderpädagogen ausstatten, sollte die Inklusion nicht weiter ausgebaut werden“, fordert Biesenbach, „wir sollten stattdessen die bestehenden Förderschulen richtig stützen, statt sie zu schließen.“ Andernfalls, sagt er, „versündigen wir uns an den Kindern.“ Lange warten könne man nicht mehr, warnt Biesenbach: „Der Zeitdruck ist enorm, es ist schon weit nach zwölf.“

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