Mittwoch, 11. September 2019

Lehrermangel größer als angenommen

Düsseldorf. In Deutschland fehlen einer aktuellen Studie zufolge deutlich mehr Grundschullehrer als gedacht. Bis zum Jahr 2025 werden der Bertelsmann-Stiftung zufolge 26 300 Pädagogen für die Primarstufe gebraucht und damit noch einmal 11 000 mehr als bisher von der Kultusministerkonferenz (KMK) prognostiziert. Die nordrhein-westfälische Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) sagte dazu: „Die heutigen massiven Auswirkungen des Lehrermangels würden NRW nicht so hart treffen, hätte die Vorgängerregierung die Anzahl der Studienkapazitäten in der Vergangenheit schon frühzeitig erhöht und wären aufgrund dessen nicht an einigen Universitäten zwei von drei Bewerbern für ein Lehramtsstudium Grundschule abgelehnt worden.“ Die Landesregierung steuere aber gegen. 2017 und 2018 seien 1169 Lehrerstellen besetzt worden, vor allem auch an Grundschulen. Zum Schuljahresende fehlten demnach in NRW aber über alle Schulformen hinweg 3200 Vollzeitlehrkräfte. Der Unterschied zwischen der KMK-Prognose und der Bevölkerungsprognose des Statistischen Bundesamtes beträgt der Landesregierung zufolge für NRW 5,5 Prozent. „Damit läuft die Kritik der Autoren für das Land NRW ins Leere“, hieß es im Schulministerium. 

Anders als die KMK bezieht sich die Bertelsmann-Studie auf die Bevölkerungsprognose des Statistischen Bundesamts vom vergangenen Juni. Obwohl die Forscher ein moderates Szenario für das Bevölkerungswachstum wählten, rechnen sie für 2025 mit 3,254 Millionen bis 3,323 Millionen Kindern zwischen sechs und zehn Jahren. Das sind fast 168 000 mehr als die KMK erwartet. Stiftungsvorstand Jörg Dräger bezeichnete den Kampf gegen den Lehrermangel als Herkules-Aufgabe. Er forderte, mehr Quereinsteiger einzustellen oder angehende Ruheständler zu motivieren, länger zu arbeiten. Solche Programme brachte Gebauer in NRW bereits auf den Weg. In den vergangenen beiden Jahren wurden in NRW 616 Quereinsteiger an Grundschulen eingestellt. Lehrerverbände warnen aber davor, den Seiteneinstieg zu sehr zu vereinfachen: „Für die Seiteneinsteiger selbst, aber nicht zuletzt für die Kinder und für die Kollegien, ist es nicht zumutbar, dass der Einsatz ohne verbindliche Vorqualifizierung erfolgt“, sagte der Landesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung, Stefan Behlau. Die NRW-Initiative des Schulministeriums, überschüssige Gymnasial-Lehrer an Grundschulen einzusetzen, begrüßte Behlau zwar. Dies müsse aber einhergehen mit gleicher Besoldung. Auch die GEW-Landesvorsitzende Maike Finnern forderte generell eine höhere Bezahlung von Grundschullehrern, um den Beruf attraktiver zu machen. In ihrem Koalitionsvertrag hatten CDU und FDP in NRW zwar versprochen, in dieser Wahlperiode die Besoldung der Grundschullehrer anzuheben. Im Haushalt 2020 ist aber kein Geld dafür vorgesehen.

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