Montag, 16. September 2019

Schwierige Suche nach Polizei-Nachwuchs

Düsseldorf. Bei der NRW-Polizei spricht man gerne über die hohe Anzahl an Bewerbern für die Ausbildung und von einem großen Pool, aus dem man schöpfen könne. 11 246 Kandidaten sind es fürs Einstellungsjahr 2018 gewesen, 2300 (864 Frauen, 1416 Männer) von ihnen wurden genommen. Dass aber von den 11 246 bereits viele nicht die einfachsten Anforderungen erfüllt haben, hört man eher selten. Allein schon 1143 Bewerber schieden aus, weil sie keine Unterlagen eingereicht haben – immerhin rund zehn Prozent. Besonders erschreckend: Gegen 5,5 Prozent der Gesamtbewerber, also rund 620, lagen Ermittlungsverfahren bei der Polizei vor. Das geht aus dem Jahresbericht 2018 des Landesamtes für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten (LAFP) zur polizeilichen Einstellungskampagne hervor, der unserer Redaktion vorliegt. 

Bei eingehender Betrachtung der übrig geblieben 10 103 Bewerbungen schrumpfte die Zahl derer schnell zusammen, die man geeignet hielt für eine Einstellung im gehobenen Polizeivollzugsdienst. „Es wird eigentlich nur die Quantität hervorgehoben, über die Qualität der Bewerber spricht man nicht so gerne öffentlich“, heißt es aus Polizeikreisen. „Hauptsache man kann am Ende sagen, man habe wieder die geforderte Anzahl an qualitativ guten Polizeischülern gefunden.“ Von den 10 103 Bewerbern reichten 3284 nur unzureichende Unterlagen ein – da waren es vor dem ersten der beiden Einstellungstests nur noch 6256. Durch den ersten Test fielen dann weitere 1628, 258 bestanden den zweiten Test am Computer nicht. 1424 sortierte der Polizeiarzt anhand der Aktenlage aus: 86 Frauen waren kleiner als die in NRW geforderte Mindestgröße von 1,63 Meter. Bei der ärztlichen Untersuchung erfüllten weitere 737 die Anforderungen nicht. Die übrigen wurden eingeladen – und dann weitere 592 aussortiert. „In persönlichen Gesprächen stellte sich bei manchen heraus, dass sie charakterlich nicht geeignet sind für die Polizeiarbeit, sodass man mit Ach und Krach die 2300 für die Ausbildung zusammenbekommen hat“, so der Insider. Dem Bericht zufolge wurden bei 198 Bewerbern charakterliche Mängel festgestellt. 
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht zwar noch keine Bewerbernot, warnt aber davor, dass sich das künftig ändern könnte. „Bis 2020 sieht es gut aus. Danach wird es immer schwerer, ausreichend qualifiziertes Personal zu finden“, sagt Michael Maatz, stellvertretender Landesvorsitzender der GdP, der beim LAFP tätig ist. Man dürfe aber nicht den Fehler machen, die Einstellungskriterien herabzusetzen. 
Doch schon jetzt bereitet die jährliche wachsende Abbruchquote Sorgen. „Manche brechen ab, weil sie lukrativere Jobs bekommen. Für andere wiederum stellt sich heraus, dass die Polizeiarbeit nichts für sie ist“, sagt Maatz. Einige Polizeischüler sollen nach KR-Informationen auch absichtlich durch die Klausuren fallen, um die Polizeischule vorzeitig verlassen zu können. „Sie haben die Ausbildung nur angetreten, weil sie eine gewisse Zeit überbrücken müssen bis zum Beginn eines anderen Jobs oder eines Medizinstudiums“, erklärt ein Insider. „Bei der Polizei bekommen sie für die ,Wartezeit’ monatlich Geld und zusätzlich noch interessante Einblicke in die Polizeiarbeit.“

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