Auf dem Zeugnis steht "versetzungsgefährdet", der
Freund hat sich eine Neue geangelt, und die Ausbildung nervt nur noch -
die ersten Rückschläge im Leben müssen die meisten spätestens im
Teenageralter verkraften. Manchmal scheint es so, als ob sich kleine
Niederlagen in ausweglose Situationen verwandeln. Dabei steckt in den
unangenehmen Erlebnissen Potenzial. Durch sie sammelt man Erfahrungen
und kann die nächsten Herausforderungen besser meistern.
"Was mich nicht umbringt, macht mich stärker", heißt
es. Das mag etwas hart formuliert sein, die Kernaussage aber stimmt. "Es
ist inzwischen erwiesen, dass wir nicht durch die Erfahrungen anderer
lernen, sondern nur durch unsere eigenen", sagt Jutta Stiehler vom Dr.
Sommer-Team der Jugendzeitschrift "Bravo".
Egal, ob es um Probleme mit der Freundin, dem neuen
Freund, den Eltern oder Sorgen in der Schule geht: Stiehler empfiehlt,
sich erstmal zu fragen, was schief gegangen ist. "Nur wer sich kritisch
analysiert, kann hilfreiche Antworten finden." Prinzipiell sei es
wichtig, negative Gefühle ernst zu nehmen und als einen Bestandteil der
eigenen Persönlichkeit zu begreifen, sagt Psychologe Manuel Tusch aus
Köln. Nur so könne eine Veränderung stattfinden, die neue Kraft und
Motivation gebe.
Wer seit längerem schlechte Noten schreibt, muss sein
Lernverhalten hinterfragen. "Vielleicht habe ich immer erst kurz vor
einem Test oder abends vorm schlafen gehen angefangen, Vokabeln zu
pauken", sagt Stiehler. Dann könne es helfen, etwas Struktur ins
Lernpensum zu bringen. Wer eine Woche vor dem Test anfange, zum Beispiel
jeden Tag zehn Vokabeln zu lernen, sei wahrscheinlich besser
vorbereitet und so den Anforderungen auch auf lange Sicht gewachsen.
"Manchen kann es auch helfen, in der Gruppe zu lernen. Andere, die sich
bisher immer mit der besten Freundin zum büffeln getroffen haben,
konnten danach nicht mehr als vorher, weil die meiste Zeit gequatscht
wurde. Da wäre es besser, in Zukunft alleine zu lernen."
Doch negative Erfahrungen und Rückschläge können auch
noch auf andere Art hilfreich sein, erklärt Stiehler: "Wer keine Lust
hat, zu lernen, kann sich in die unangenehme Situation, die er während
der letzten verhauenen Klausur erlebt hat, zurückversetzen." Die
Erinnerung schrecke wahrscheinlich ab, kann aber auch zur Vorbereitung
auf den nächsten Test motivieren. Eine weitere Strategie sei es, sich
andere anzugucken: "Wie gehen denn Mitschüler und Freunde mit solchen
Problemen um? Vielleicht haben die eine interessante Methode
entwickelt", sagt Tusch.
Wer trotzdem keine Lösung findet, sollte sich Hilfe
holen. "Am besten beim Vertrauenslehrer oder Beratungsstellen", so
Tusch. Egal, ob bei schulischen Problemen oder Stress mit Freunden -
sich auszuquatschen sei immer gut, weil es Trost gebe, findet auch
Stiehler. "Es ist wichtig, sich ein Netz von vertrauten Personen
aufzubauen, von denen man weiß: So lange die da sind, ist alles nicht so
schlimm." Diese Menschen seien Verbündete und Unterstützer. "Kurz
gesagt: Fixpunkte, die ein Mensch im Leben braucht."
So lange Ausrutschern im Lebenslauf immer ein paar
vorzeigbare Leistungen und viel persönliches Engagement entgegenstünden,
sei sogar ein weniger gutes Zeugnis oder die abgebrochene Lehre kein
Grund zu resignieren, sagt Karrierecoach Jürgen Hesse aus Berlin.
"Personalchefs schauen schon lange nicht mehr auf den perfekten
Lebenslauf. Viel mehr suchen sie nach interessanten Abschnitten im
Werdegang." Trotzdem sollten sich Jugendliche überlegen, wie sie
vermeintliche Schwächen erklären können.
"Wer die erste Ausbildung abgebrochen hat, sollte die
Schuld nicht auf den Chef schieben. Besser ist es, zuzugeben, dass man
sich zu wenig über den Job informiert hat. Inzwischen sei man besser
vorbereitet." Nicht mal eine mittelmäßige Mathenote müsse das Aus für
eine Bewerbung bei der Bank sein. "Ein freundliches Wesen, gute
Vorbereitung und Kommunikationstalent gleichen kleine Schwächen beim
Rechnen schnell wieder aus", sagt Hesse.
Quelle: Kölner Rundschau vom 29.05.2012
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