Freitag, 22. Juni 2012

Bildungsbericht 2012 - Papier ist geduldig

Heute wurde der neue Bundesbildungsbericht der Öffentlichkeit vorgestellt und - welche Überraschung - es gibt mehr Abiturienten und Studenten (von denen dann jeder vierte sein Studium abbricht).
Diese "Intellektuellenschwemme" haben wir aber nicht, wie jetzt gerne behauptet wird, dem gestiegenen Niveau der Schüler zu verdanken, sondern dem ständig sinkenden Anspruchsniveau in den Schulen bzw. einer leistungsfernen Bewertungspraxis (siehe hier).
In NRW gibt es seit 2007 eine zentrale Abschlussprüfung in den Fächern Mathematik, Deutsch und Englisch mit Aufgaben aus dem Schulministerium, die in den jeweiligen Fächern 50% der Abschlussnote ausmacht. Das Niveau im Fach Deutsch z.B. ist so anspruchlos, dass die Rechtschreibung mit 8 von 80 erreichbaren Punkten so gut wie keine Rolle spielt und der Teil "Leseverstehen" (15 von 80 Punkten) bereits von Sechstklässlern gelöst werden kann. Dies führt an unserer Schule regelmäßig dazu, dass die Schüler in der zentralen Prüfung 1-2 Noten besser abschneiden, als dies ihre Noten der letzten 6 Jahre vermuten/erhoffen lassen. Im Endergebnis bekommen dann immer mehr Schüler die Fachoberschulreife mit Zugangsberechtigung zur gymnasialen Oberstufe (aktuell 42 von 84 Schülern), die eigentlich gar nicht dorthin gehören. Gymnasien und Gesamtschulen spinnen diese "Leistungslüge" weiter bis zum Abitur, wo wiederum das Schulministerium mit dem Zentralabitur zuschlägt.
Bereits im Jahr 2011 hatten in NRW 35% eines Jahrgangs die allgemeine Hochschulreife (Platz 5 aller Bundesländer) und 19,1% die fachgebundene Hochschulreife (Platz 3 aller Bundesländer), d.h. gut jeder zweite Schulabgänger verfügte über ein (Fach)abitur. Gleichzeitig belegt NRW im Bildungsmonitor 2011 aber nur Platz 12 von 16.
Trotz schlechter Gesamtbedingungen also ein "Abiturientenwunder"? Oder vielleicht doch die inflationäre Vergabe von höheren Abschlüssen zur Statistikkosmetik?

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