Der Wirtschaft fehlen die geeigneten Lehrlinge, an den Universitäten stapeln sich die Studenten - was läuft schief im Land der Dichter und Denker?
Freitag, 27. Dezember 2024
Bildung in Deutschland: Eine Generation von Bildungsverlierern wächst heran
Dienstag, 24. Dezember 2024
Mittwoch, 18. Dezember 2024
Früher eine Vier, heute eine Zwei
Mittwoch, 11. Dezember 2024
Schülervertretung und GEW berichten von Versagensängsten bei Viertklässlern
Dienstag, 12. November 2024
„Diese Jugendlichen können im Grunde genommen nur klicken und wischen“
Donnerstag, 7. November 2024
"Wenn ich König von Deutschland wäre... würde ich zurückgehen zu einem gestaffelten Bildungssystem"
Gegen eine höhere Qualität in der Bildung kann ja nun niemand ernsthaft etwas haben. Die Frage ist nur, ob alle Beteiligten unter Qualität dasselbe verstehen und ob die angestoßenen Maßnahmen den gewünschten Effekt haben. In Deutschland gibt es angesiedelt an der Humboldt-Universität in Berlin das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen, kurz IQB. Was ist dessen Rolle und dient seine Arbeit wirklich der Verbesserung der Bildung im Land? Und wenn nicht, was bräuchten wir denn stattdessen? Darüber sprach Stefan Milius (KONTRAFUNK) mit Professor Dr. Bernhard Krötz, Mathematiker und Hochschullehrer an der Universität Paderborn.
KONTRAFUNK: Herr Krötz, Sie treten unter anderem mit Videos
auf YouTube immer wieder als Kritiker des Mathematikunterrichts in Deutschland
auf und bemängeln dessen Qualität. Da müsste Ihnen ein Institut wie das IQB ja
bestens bekannt sein, das sich der Qualitätsentwicklung in der Bildung
verschrieben hat. Aber vor ein paar Monaten haben Sie in einem Video mal
erklärt, noch nie davon gehört zu haben. Das müssen Sie uns zunächst mal
erklären, wie das kommen kann.
KRÖTZ: Ich bin eigentlich in das Ganze ein bisschen reingerutscht, weil ich ein Video gemacht habe über einen Ländervergleich zwischen dem Abitur in Deutschland und den Aufnahmeprüfungen in Indien für die IITs, die Indian Institutes of Technology. Das fiel verheerend aus. Bis dato war unser Kanal sehr klein mit 15.000 Aufrufen und 150 Abonnenten. Dieses Video hat jetzt bis heute, glaube ich, 300.000 Aufrufe, und innerhalb kürzester Zeit war ich dann in den Medien. Viele Leute wollten mit mir sprechen, und dann habe ich begonnen, auch mit den vielen Zuschriften, die ich von den Zuschauern bekommen habe. Wir haben mittlerweile mehrere Leitzordner gefüllt, um mich mehr in diese Materie einzuarbeiten, und dann bin ich eben auf das IQB gestoßen und was das mit Qualität in der Bildung in Deutschland zu tun hat.
Donnerstag, 31. Oktober 2024
"Wenn ich im 5. Schuljahr 30 Kinder in einer Klasse haben, dann machen von denen etwa 15 am Schluss Abitur" - ein Mathematiklehrer packt aus
Dienstag, 10. September 2024
Die Leistungen werden immer schlechter, die Noten immer besser
Dienstag, 3. September 2024
Bloß keine Kritik! Rasenmäher-Eltern ziehen verweichlichte Jugendliche heran
Montag, 12. August 2024
Drosten meint: Corona-Maßnahmen waren wegen niedrigen „Bildungsniveaus“ in Deutschland notwendig
Donnerstag, 25. Juli 2024
Schulabbrecher-Zahl steigt spürbar – die Bildungsmisere unter Kretschmanns Ägide
Donnerstag, 9. Mai 2024
Gymnasiallehrer beklagen Inflation von Einser-Abitur
Sonntag, 21. April 2024
Deutschland hat mehr Akademiker, aber auch einen Höchststand an jungen Menschen ohne Berufsabschluss
Donnerstag, 4. April 2024
„Ich hatte jeden Tag Angst vor dieser Schul-Hölle“
Mittwoch, 27. März 2024
NRW: Siebtklässler droht, Lehrerin zu enthaupten – „Kein Einzelfall“
Donnerstag, 14. März 2024
Immer mehr packen es nicht - „Klare Hinweise auf Verblödung“: Psychologe rechnet mit Führerschein-Durchfallern ab
Besorgniserregende Daten zu unserem Nachwuchs von den Führerscheinprüfungen: Etwa 50 Prozent raffen die Theorie nicht mehr, fallen durch. Jetzt kann das im Einzelfall jedem mal passieren. Aber 50 Prozent? Ein neuer Negativ-Rekord. Für mich ist das ein Hinweis auf das, was wir in der Psychologie gravierende „kognitive Defizite“ nennen. Konkret: Low-IQ, Verdummung. Und fehlende Selbstdisziplin.
Freitag, 8. März 2024
"Wenn Sie keinen Stress haben wollen, geben Sie gute Noten."
Herr Mastrandrea, ich begrüße Sie.
Ich grüße zurück, Herr Rüdiger.
Montag, 4. März 2024
Schulleiter packt aus - „Der Lehrer denkt sich: Bevor ich Ärger mit der Familie kriege, gebe ich eine Vier"
Dienstag, 13. Februar 2024
Deutschland hat die vierthöchste Schulabbrecherquote in der EU
Donnerstag, 1. Februar 2024
Lehrer/innen nur noch Coach oder Lernbegleiter/in?
ein Kommentar von Christina Rüdiger (KONTRAFUNK)
Peter Fratton ist ein radikaler Verfechter des individualisierenden Lernens.
Seine Positionen fließen seit 20 Jahren in den Bildungsdiskurs ein und gelten
für viele als richtungsweisend. Er sagt: Wenn gleichaltrige Schüler beim
gleichen Lehrer zum gleichen Zeitpunkt im gleichen Zimmer mit dem gleichen
Lehrmittel das gleiche Ziel erreichen müssen, so wird das dem Einzelnen nicht
gerecht. Wir haben solche, die unterfordert sind und sich langweilen, und
solche, die gar nicht nachkommen.
Karlheinz Dammer, Professor für allgemeine Pädagogik an der Pädagogischen
Hochschule Heidelberg, hat sich in dem von ihm herausgegebenen Buch
"Pädagogisches Neusprech" mit dem Begriff der Individualisierung
kritisch auseinandergesetzt. Er sagt, die sogenannte neue Lernkultur ist im
Grunde ein Trojanisches Pferd im reformpädagogischen Gewand. Sie ist ein
neoliberales Vehikel. Schauen wir uns die vermeintlich neue Lernkultur also
genauer an. Beim individualisierenden Unterricht muss der Klassenverband
aufgebrochen werden. Schulzimmer darf es nicht mehr geben. Dafür gibt es
Lernlandschaften, Lernumwelten, Lernateliers. Aus Klassenkameraden werden
Lernpartnerinnen. Mal lernen die Schüler mit den einen, mal mit den anderen
oder ganz allein. Lernen erfolgt selbstgesteuert, es werden Lernjobs erledigt.
Der Lehrer ist nur noch Coach oder Lernbegleiter. Er steht zur Verfügung, er
macht Lernangebote, aber nur auf Wunsch wichtig. Ja, zentral wird das
selbstgesteuerte Individuum. Wir lesen Begriffe wie Selbstkompetenz, Selbstregulierung,
Selbstmanagement. Wie Dammer aufzeigt, sind sie aus der Managementsprache
übernommen.
Und wie wird der Lernerfolg überprüft? Dammer weist nach, die Instrumente
sind aus dem betrieblichen Qualitätsmanagement entnommen:
Selbsteinschätzungsbögen, Feedbacks, Zielvereinbarungen. Der Schüler arbeitet
an Modulen, die ihm sein Coach ganz individuell zusammengestellt hat. Will er
vorwärts kommen, muss er die Module abarbeiten. Zusammenhänge, wie sie sich den
Schülern im gemeinsamen Klassengespräch erschließen können, so nicht erfasst
werden. Das ist auch nicht erwünscht. Gegebene Kompetenzen müssen trainiert
werden. Literarische Werke wie Goethe und Schiller? Nice to, aber man braucht
sie nicht, weil sie nicht unmittelbar anwendbar, verwertbar, messbar sind. Der
Schüler wird so zu einem durch und durch überprüfbaren Bündel von Fertigkeiten.
Er wird zur permanenten Selbstkontrolle äußerlich auferlegter Pflichten gedrillt.
Dammer sagt, das selbstgesteuerte Lernen ist nur ein Schein von Freiheit und
Selbstbestimmung. Von Erziehung, wie wir sie früher von unseren Lehrern
kannten, ist keine Rede mehr. Sie wird in diesem Kontext negativ als
Beschneidung der Persönlichkeit abqualifiziert. Hören wir uns dazu die vier
Urbitten des Schweizer Schulreformers und Individualisierungsapologeten Peter
Fratton an: "Bring mir nichts bei, erkläre mir nicht, erziehe mich nicht,
motiviere mich nicht!"
Als wäre Erziehung und Klassenunterricht häufig mit dem militärisch klingenden Begriff Frontalunterricht abgewertet, als wäre also das gemeinsame Lernen in der Klassengemeinschaft eine Vergewaltigung der Individualität, als wäre die instruktive Tätigkeit des Lehrers eine Bevormundung, ein Zwang, der die Eigenaktivität des Lernenden verkümmern lässt oder gar verhindert. In Wirklichkeit führt das nicht zur Befreiung der Individualität, sondern zu Beziehungs- und Bindungslosigkeit. Zurück bleibt ein auf sich selbst gestelltes, auf verschiedene Weise einsetzbares Individuum, ein Kind, das, wenn es nicht komplett untergeht, bestenfalls Kompetenzen erworben hat, aber ungebildet im wahrsten Sinne des Wortes. Ihm fehlen die Zusammenhänge, sowohl in der historischen als auch in der kulturellen Tiefe. Kurz: Begriffe wie Erziehung und Bildung tauchen nicht mehr auf. Das neue Ziel sind ökonomisch anpassungsfähige Individuen, jederzeit und an jedem Ort einsetzbar, bereit, den Beruf mehrfach zu wechseln, möglichst isoliert von jeglichen menschlichen Bindungen. Individualisierung, ein trojanisches Pferd mit wohlklingenden Begriffen, soll die Schule radikal umgebaut werden. Ziel ist nicht die Befreiung des Kindes, sondern seine Präparierung für den globalisierten Arbeitsmarkt.
Finnland - vom PISA-Sieger zum Problemfall
KURZZUSAMMENFASSUNG:
Chaos im Bildungssystem
Ratut kritisiert die mangelnde Struktur im Unterricht und das Fehlen klarer
Leistungsanforderungen. Sie beschreibt, dass die Kinder nicht dazu angehalten
werden, ordentlich oder diszipliniert zu arbeiten. Stattdessen wird ein Konzept
des "Lernens ohne viel Anleitung" propagiert, das in der Praxis
jedoch nicht zu funktionieren scheint.
Lehrer als Autorität
Ratut hebt hervor, dass die Rolle des Lehrers in Finnland herabgestuft
wurde. Lehrer werden duzend angesprochen, was ihrer Meinung nach die Autorität
der Lehrkräfte untergräbt und zu einem unruhigen Klassenraum führt.
Ideologisierung der Bildung
Ein weiterer Kritikpunkt ist die Überhandnahme ideologischer Inhalte im
Unterricht, die oft zugunsten von Faktenwissen vernachlässigt werden. Ratut
fordert, dass die Schule sich wieder auf die Vermittlung harter Bildungsinhalte
konzentriert, anstatt ideologische Ansätze zu propagieren.
HIER das vollständige Gespräch:















