Alle Jahre wieder tauchen spätestens im Sommer in nahezu allen Presseorganen in Deutschland Berichte von der wundersamen Vermehrung der Einser-Abiture und auch der Durchschnittsnoten im Abitur auf.In der Presse werden Beispiele von Schulen mit 10,4 Prozent 1,0-Abituren und 52,1 Prozent Einserabituren bei allgemeinen Durchschnittsnoten von 1,95 aufgeführt (Gelnhausener Neue Zeitung). Könnte man dies noch als Einzelfall abtun, wird man beim Blick in die statistischen Ergebnisse einiger Bundesländer eines Besseren belehrt: Thüringen hat 2024 einen Anteil der Abiture mit einer Eins vor dem Komma von 40,7 Prozent. Sachsen mit 34,7 Prozent und Brandenburg mit 34,6 Prozent stehen dem kaum nach. Da fallen die entsprechenden Ergebnisse in einigen westlichen Bundesländern für Nordrhein-Westfalen mit 27,7 Prozent, Rheinland-Pfalz mit 25,3 Prozent oder Schleswig-Holstein 23,5 Prozent eher bescheiden aus.
Vergleicht man die Ergebnisse mit denen von vor fünf Jahren, stellt man eine kontinuierliche Steigerung fest. Anscheinend werden die Abiturienten immer schlauer. Und dies trotz Corona, trotz erheblich zunehmender Heterogenität in den Lerngruppen der Schulen, die seit 2015 in Brennpunktgegenden vor allem deutscher Großstädte pädagogisch kaum noch zu bewältigende Ausmaße erreicht hat.
Dass mit dieser Entwicklung etwas nicht stimmt, kann man der Presse entnehmen: Von „Abiinflation“, von „Discount-Abitur“ oder „Abitur light“, von Studienberechtigung bei immer weniger Studierbefähigung, von Zeugnissen als ungedeckten Schecks, von Quote statt Qualität, von pädagogischer Gefälligkeit, von Vorgaukeln der Studierfähigkeit u.a. ist die Rede. Man verweist auf die kontinuierliche Abwärtsspirale in den PISA-Ergebnissen seit 2015, die den erzielten Ergebnissen auf den Abiturzeugnissen diametral widersprechen. Wie konnte es zu dieser Entwicklung kommen?